Kunst für die Stadt –
Eine der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands hat ihren Platz in Ulm gefunden
„Die einen spielen Golf, die anderen zertrümmern Hotelzimmer“, hat der Schauspieler Johnny
Depp einmal mit Blick auf die eine oder andere eigene Aktion gesagt.
Siegfried Weishaupt macht weder das eine, noch das andere.
Er sammelt zeitgenössische bildende Kunst und hat dafür im Jahr 2007 sogar mitten in Ulm
seine eigene private Kunsthalle errichtet. Kostenpunkt: zehn Millionen Euro. Manche Menschen
halten das wahrscheinlich für nicht weniger verrückt als die Eskapaden eines Hollywoodstars.
Doch der Unternehmer in zweiter Generation hat der Stadt Ulm mit seiner Kunsthalle eine echte
Attraktion beschert, die allgemein Anerkennung und erstklassige Bewertungen erhält. Rund 50
Jahre haben der Diplomingenieur Siegfried Weishaupt und seine Frau Jutta Werke unter anderem
der Pop-Art Künstler Andy Warhol und Roy Lichtenstein gesammelt. Die Sammlung reicht von
den Klassikern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – darunter Mark Rothko oder Willem de
Kooning – bis zu neuen künstlerischen Konzepten der Gegenwart. Vertreter der konkreten Kunst
sowie Positionen aus Zero und Op-Art runden sie auf europäischer Seite ab. Aktuelle Tendenzen
der Weishaupt-Sammlung spiegeln Robert Longo, Jason Martin und Liam Gillick wider. Auch
Francois Morellet, zeitgenössischer französischer Künstler, ist mit seiner Malerei, Lichtkunst,
kinetischer Kunst und Bildhauerei Bestandteil der Sammlung.
Farbe als übergreifendes Motiv der Sammlung
Ursprung der Weishaupt-Kollektion ist das Interesse von Vater Max Weishaupt an den neuen
Ideen des Design, wie sie von den Dozenten der Hochschule für Gestaltung (HFG) Ulm entwickelt
und gelehrt wurden. So verpflichtete der Firmengründer – mit seiner Firma einer der weltweit
führenden Hersteller von Heiz- und Feuerungstechnik mit Stammsitz in der nahe gelegenen
oberschwäbischen Gemeinde Schwendi – schon zu Beginn der 1960er Jahre die herausragenden
Produktdesigner Hans Gugelot und Hans Sukopp für sein Unternehmen, die Max Weishaupt
GmbH. Bis heute fühlt die Firma sich dem Stil des Bauhaus und einer klaren Gestaltungslinie
verpflichtet.
Durch Kontakt zu Max Bill, dem Gründungsdirektor der HFG, kam der Sohn mit dessen
künstlerischen Arbeiten in Berührung. Später prägte besonders Josef Albers das Gespür von
Siegfried Weishaupt für die zeitgenössische Kunst. Begann der Sammler zunächst mit der
geometrischen und konkreten Kunst, wandte er sich dann nach und nach dem sogenannten
Abstrakten Expressionismus zu.
Im Laufe der Zeit trug er so ab dem Jahr 1967 rund 400 Gemälde und Plastiken zusammen. Nicht
mitgezählt sind dabei Zeichnungen, Grafiken und andere Arbeiten auf Papier. Nach und nach
entwickelte sich das Thema Farbe zum übergreifenden Motiv der Sammlung, die auch ein Porträt
beinhaltet, das Andy Warhol vom Firmengründers Max Weishaupt anfertigte.
Die Kunsthalle wird zum Geschenk für die Stadt
Das Gebäude der Kunsthalle Weishaupt mit seiner beachtlichen Länge von stolzen 91 Meter steht
ganz im Dienst der darin präsentierten Kunst. Die 16 Meter hohe Schaufront zum
Hans-und-Sophie-Scholl-Platz wirkt wie ein riesiges Passepartout für das darin ausgestellte
Kunstwerk. Das rundum verglaste Foyer öffnet sich Ulm und seinen Menschen. Entworfen wurde
der Bau, der unmissverständlich dazu einlädt, hereinzukommen und Kunst zu betrachten, vom
renommierten Architekten Wolfram Wöhr aus München, einem Schüler des berühmten New
Yorker Architekten Richard Meier. Geleitet wird die Privatsammlung und Denkstätte
zeitgenössischer Kunst von der Tochter des Sammlers, Kathrin Weishaupt-Theopold.
Sie entwickelt als Museumsdirektorin die Sammlung ihres Vaters weiter und präsentiert sie der
Öffentlichkeit mit wechselnden thematischen Schwerpunkten.
Die Privatsammlung kooperiert sowohl mit dem Ulmer Museum, das über eine gläserne Brücke
von der Kunsthalle aus zu erreichen ist, als auch mit der Stadt, die Kassen- und Aufsichtspersonal
stellt und dafür die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern erhält. Außerdem geht die Kunsthalle nach
66 Jahren als Geschenk in das Eigentum der Stadt über. Das Ulmer Museum übernimmt
Organisation und Durchführung öffentlicher und privater Führungen durch die Kunsthalle.
Künstler und Kunstliebhaber sind gern gesehene Gäste in der Stadt
Am Schnittpunkt von Kunst und Gesellschaft
Inzwischen hat die Sammlung ihren Platz in Ulm gefunden. Gab es anfänglich noch kritische
Stimmen in Teilen der Öffentlichkeit zu der Architektur des gläsernen Kubus der Kunsthalle
Weishaupt in der sogenannten „Neuen Mitte“ der Stadt Ulm, ist das Konzept für die Präsentation
der zeitgenössischen Kunst jetzt allgemein akzeptiert und erhält gute Bewertungen. In den Hotels
in Ulm und Restaurants der Stadt treffen sich oft kunstliebende Gäste, die nach ihren Besuchen der
Kunsthalle Weishaupt über die Privatsammlung und ihre Kunstwerke fachsimpeln. Sie nutzen
ihren Aufenthalt natürlich auch immer wieder, um andere Sehenswürdigkeiten der Stadt
kennenzulernen, wie zum Beispiel das Museum der Brotkultur mit seinen rund 18.000 Objekten
aus verschiedenen Epochen und vielen Teilen der Welt rund um das Thema Brotkultur oder das
Wassermuseum, das die einzigartige Ulmer Wasserrad-Pumpwerkstechnik dokumentiert.
Auch namhafte Künstler sind inzwischen gern gesehene Gäste in Ulm und eine große
Bereicherung für die Stadt. Sie ergänzen die lebendige Kulturszene um Internationalität und
tragen so zum einzigartigen kreativen Flair der Stadt bei.
So ist die Kunsthalle Weishaupt weit mehr als ein Raum zur Aufbewahrung einer privaten
Sammlung zeitgenössischen Kunstwerken. Sie ist ein Ort in Ulm, an dem das Sehen von Kunst
und die Auseinandersetzung mit ihren modernen Strömungen stattfindet – und damit ist sie eine
äußerst wichtige Institution am Schnittpunkt von Kunst und Gesellschaft, die Künstler mit ihrem
Publikum zusammenbringt.
Weiterführende Informationen zur Kunsthalle Weishaupt
Foto: Christoph Seeberger,
Adresse:
Kunsthalle Weishaupt
Hans-und-Sophie-Scholl-Platz 1
89073 Ulm
Telefon 0731 161-4360
Öffnungszeiten der Kunsthalle Weishaupt
Dienstag – Sonntag 11 – 17 Uhr
Donnerstag 11 – 20 Uhr
Eintrittspreise
Erwachsene 6 EUR
ermäßigt 4 EUR
Kinder bis 14 Jahre kostenlos
Familienticket 11 EUR
Gruppen ab 8 Personen 4 EUR